Sonntag, 28. Dezember 2014

Simeon und Hanna

Moin zusammen,

Generationenkonflikt. Überalterung der Gesellschaft. Vergreisung. Es gibt viele Schlagworte, die sich mittlerweile mit dem Altern auseinandersetzen. Nicht immer zum Wohle der Menschen, vor allem der älteren.
Altern wird oft als Belastung wahrgenommen. Die jugendliche Frische fehlt. Das immer schneller, immer weiter, immer höher als Maßstab unserer Gesellschaft kann nicht mehr erfüllt werden. Dabei hat die Langsamkeit des Alters doch so einiges zu bieten. In Lukas 2 wird uns davon berichtet.

Fröhliche Grüße
Bernd




Lieber Vater, schenk uns ein Herz für dein Wort und dein Wort für unser Herz. Amen

Liebe Gemeinde,

und schon ist es wieder vorbei. Das Weihnachtsfest. Genauer: die Weihnachtsfeiertage. Aber so ganz hat uns der Alltag noch nicht wieder. Oder mich zumindest nicht. Direkt nach den Festtagen das Wochenende. Kein Arbeitstag dazwischen. Und dann auch noch ein paar Tage länger Urlaub. Erst am 05. Januar wieder zur Arbeit. Da bleibt noch Zeit auszuspannen. Zeit, das Weihnachtsfest zu verarbeiten.
Maria und Josef hatten es nicht so gut. Bei denen war nicht nur Weihnachten kein Festtag, auch die Zeit danach war sehr arbeitsreich. Das kleine Baby, alles neu so zu dritt. Wickeln, füttern, nachts aufstehen – nichts ist mehr so, wie es vorher war. Und dann auch noch die ganzen religiösen Pflichten. Aber hören wir doch zunächst, was in der Bibel dazu steht:

Lukas 2, 21-40, Neue Genfer Übersetzung:

Beschneidung und Namengebung

21 Acht Tage später, als die Zeit gekommen war, das Kind zu beschneiden, gab man ihm den Namen Jesus – den Namen, den der Engel genannt hatte, noch bevor Maria das Kind empfing.

Jesus wird im Tempel Gott geweiht

22 Als dann die im Gesetz des Mose festgelegte Zeit der Reinigung vorüber war, brachten Josef und Maria das Kind nach Jerusalem, um es dem Herrn zu weihen 23 und so nach dem Gesetz des Herrn zu handeln, in dem es heißt: »Jede männliche Erstgeburt soll als heilig für den Herrn gelten.« 24 Außerdem brachten sie das Reinigungsopfer dar, für das das Gesetz des Herrn ein Turteltaubenpaar oder zwei junge Tauben vorschrieb.

Die Begegnung mit Simeon

25 Damals lebte in Jerusalem ein Mann namens Simeon; er war rechtschaffen, richtete sich nach Gottes Willen und wartete auf die Hilfe für Israel. Der Heilige Geist ruhte auf ihm, 26 und durch den Heiligen Geist war ihm auch gezeigt worden, dass er nicht sterben werde, bevor er den vom Herrn gesandten Messias gesehen habe. 27 Vom Geist geleitet, war er an jenem Tag in den Tempel gekommen. Als nun Jesu Eltern das Kind hereinbrachten, um mit ihm zu tun, was nach dem Gesetz üblich war, 28 nahm Simeon das Kind in seine Arme, pries Gott und sagte:
29 »Herr, nun kann dein Diener in Frieden sterben,
denn du hast deine Zusage erfüllt.
30 Mit eigenen Augen habe ich das Heil gesehen,
31 das du für alle Völker bereitet hast –
32 ein Licht, das die Nationen erleuchtet,
und der Ruhm deines Volkes Israel.«

33 Jesu Vater und Mutter waren erstaunt, als sie Simeon so über ihr Kind reden hörten. 34 Simeon segnete sie und sagte zu Maria, der Mutter Jesu: »Er ist dazu bestimmt, dass viele in Israel an ihm zu Fall kommen und viele durch ihn aufgerichtet werden. Er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird – 35 so sehr, dass auch dir ein Schwert durch die Seele dringen wird. Aber dadurch wird bei vielen an den Tag kommen, was für Gedanken in ihren Herzen sind.«

Die Prophetin Hanna

36 In Jerusalem lebte damals auch eine Prophetin namens Hanna, eine Tochter Penuels aus dem Stamm Ascher. Sie war schon sehr alt. Nach siebenjähriger Ehe war ihr Mann gestorben; 37 sie war Witwe geblieben und war nun vierundachtzig Jahre alt. Sie verbrachte ihre ganze Zeit im Tempel und diente Gott Tag und Nacht mit Fasten und Beten. 38 Auch sie trat jetzt zu Josef und Maria. Voller Dank pries sie Gott, und zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten, sprach sie über dieses Kind.

Rückkehr nach Nazaret. Jesu Kindheit

39 Als Josef und Maria alles getan hatten, was das Gesetz des Herrn verlangte, kehrten sie nach Galiläa in ihre Heimatstadt Nazaret zurück. 40 Jesus wuchs heran; er war ein kräftiges Kind, erfüllt mit Weisheit, und Gottes Gnade ruhte auf ihm.

Nach acht Tagen also Jesu Beschneidung, nach 40 Tagen das Reinigungsopfer und zeitgleich die Weihung Jesu als Erstgeborener für Gott.
Alles so, wie es in 3. Mose 12 bestimmt wird.
Ich stelle mir vor, dass das für die kleine Familie nicht einfach gewesen ist. Keine richtige Unterkunft, kaum finanzielle Möglichkeiten (deshalb dieses ärmliche Opfer von nur zwei Tauben statt einem Schaf), aber genügend traditionelle Vorstellungen, die es zu erfüllen gilt. Keine leichte Zeit also. Und Gedanken über die Umstände vor und nach der Geburt werden da keinen Platz mehr gehabt haben. Der Alltag musste bewältigt werden. Aber jetzt sitzen oder stehen sie gespannt im Tempel und warten auf diesen einen Moment. Diesen Moment, wo Jesus als Erstgeborener dem Herrn geweiht wird. Ähnlich wie bei vielen von uns bei der Taufe ihres ersten Kindes wird es bestimmt auch bei den beiden gewesen sein: ein gespanntes Zittern im Gottesdienst, eine nicht erklärbare Erwartung breitet sich aus. Selbst wenn der Gottesdienst mehr aus traditionellen Gründen als aus gelebtem Glauben besucht wird; einen besonderen Zauber wird man ihm nicht absprechen. Und das ist ja auch tröstlich: für Jesus gibt es nicht einen besonderen Gottesdienst, ein Extrahighlight. Nein - es ist ein ganz und gar normaler Gottesdienst. So wie bei uns. Ohne Schnickschnack. Es muss nicht immer das Besondere sein, Normalität ist manchmal, vielleicht sogar öfter als ich denke, völlig ausreichend für Gott. Aber trotz dieser Normalität passiert etwas Unerwartetes. Zumindest für Maria und Josef. Da ist nämlich ein fremder Mann im Gottesdienst und nimmt den Eltern das Kind weg, nimmt Jesus einfach so in seine Arme. Ohne zu fragen, aber auch ohne das Maria und Josef großartig protestieren. Und das finde ich das Spannende daran. Wenn mir ein Fremder mein Kind einfach so weggenommen hätte, da wäre aber was los gewesen. Da hätte ich nicht so danebengestanden und diesem Fremden zugehört. Warum war das damals wohl anders? Ich möchte einen Moment den Simeon in den Mittelpunkt stellen.

Simeon

Wer ist dieser Simeon eigentlich?
Als rechtschaffend, nach Gottes Willen lebend, wird er im Text bezeichnet. Und das er auf die Hilfe für Israel wartet. Also auf den angekündigten Messias.
Er ist wohl nicht so großartig anders wie die anderen Juden um ihn herum. Nur das er etwas gelassener scheint. Stelle ich mir zumindest so vor. Und das ist ja auch nachvollziehbar. Schließlich hat der Heilige Geist selbst ihm ein Versprechen gegeben: Simeon wird den Messias sehen. Zu Lebzeiten. Keiner weiß, wie das geschehen ist. Es wird uns nirgends gesagt. Schade, finde ich. Wäre doch toll aus erster Hand zu hören wie das ist, wie ich das erkennen, wenn der Heilige Geist direkt zu mir spricht. Und toll wäre es auch zu wissen, wie lange Simeon auf diesen Moment gewartet hat. Für Simeon scheint das aber alles nicht so wichtig zu sein. Wichtig ist allein, das das Versprechen gehalten wird. „Herr, Du hast dein Zusage erfüllt.“
Dafür bewundere ich Simeon. Er hat Gott gehört. Er hat seine Verheißung ernst genommen und er hat gewartet. So lange, bis sie erfüllt wurde. Alt ist er geworden. Bestimmt hat er viel im Leben mitgemacht und könnte so einiges erzählen. Gerade in diesem Moment, an dem sein Lebenstraum oder besser: seine Lebenserwartung; zu Ende geht. Und was macht er? Er dankt Gott, erwartet ausgeglichen seinen wohl nahenden Tod und als letzte Handlung segnet er Maria und Josef. Dazu spricht er aus, was Jesus für die Welt bedeutet: Der Glaube an Jesus wird ganz oder gar nicht sein. Der Mensch, der Jesu Worte hört wird in seinem Herzen berührt und entscheidet sich entweder für oder gegen ihn. „Die Gedanken des Herzens“ werden offensichtlich für jeden Menschen, der mit Jesus in Berührung kommt.
Wie oft habe ich schon von älteren Menschen solche Glaubenserfahrungen gesagt bekommen. Vertrauen in Jesus ist lebensprägend. Im Guten, wie im Schlechten. Simeon lebt nicht rückblickend, sondern vorausschauend. Ausgerichtet auf das Kommen Jesus. Auch das habe ich immer wieder gehört von älteren Menschen. Und wie sehr ist das in mein Leben übergegangen?
Maria und Josef haben es zugelassen, das dieser alte Mann Simeon ihren Sohn auf seine Arme nimmt. Sie haben nicht dagegen protestiert. Vielleicht sollte ich mich mehr darauf einlassen, auf die Taten und Worte der Älteren zu hören. Wer weiß, was das bewirkt. Lernen werde ich bestimmt etwas. Für mein Leben. Für meine Gottesbeziehung und meinen Glauben. Von Simeon möchte ich mir seine innere Ausgeglichenheit zu eigen machen. Seine Glaubensgewißheit und das damit verbundene Vertrauen, das Gott alle seine Zusagen erfüllen wird.

Und kaum ist die Begegnung mit Simeon beendet, da kommt schon die Nächste. Hanna heißt sie. Als Prophetin wird sie in der Bibel vorgestellt. Aber das wissen Maria und Josef wohl eher nicht. Und wie Simeon hat sie etwas zu sagen. Deshalb steht sie jetzt im Mittelpunkt.

Hanna

84 Jahre, jahrzehntelange Witwe, lebt im Tempel, Prophetin. Soweit die Kurzvorstellung in den Versen 36+ 37.
Und zwischen den Zeilen schimmert noch mehr durch. Der Name Hanna heißt übersetzt Gott ist gnädig. Und das Versprechen, das mit diesem Namen verbunden ist, hat Hanna erleben dürfen. Trotz der schwierigen Lebenssituation, trotz der Erfahrung von Leid und Trauer, hat sie sich nicht abgewandt von Gott. Obwohl oder gerade weil ihr Mann früh verstorben war hat Gott für sie gesorgt. Sonst hätte sie nie so alt werden können in der damaligen Zeit. Liegt es daran, dass sie als Prophetin unter einem besonderen Schutz Gottes steht? Es wird nicht aufgelöst durch Lukas. Und auch an keiner anderen Stelle der Bibel. Fasten und Beten sind aber Hannas Alltag geworden heißt es. Eintönig könnte ich es nennen. Vielleicht sogar langweilig. Aber dem ist ja wohl nicht so. Hanna hat nämlich über dem Fasten und Beten eines nicht aus den Augen verloren: den Alltag und vor allem: das Besondere im Alltag. Sie geht mit offenen Augen durch die Welt. Und sie vermag – als Prophetin – die Zeichen zu deuten, die vor ihren Augen sind. Oder ist es ihre Lebenserfahrung, die dazu führt, Gott zu preisen, als sie Maria und Josef und Jesus im Tempel entdeckt? Ich glaube, dass beides zusammen kommt. Mit 84 Jahren hat Hanna schon viel erlebt und gesehen. Und wer wie sie den Großteil des Lebens im Tempel gelebt hat, wird auch viele Glaubensweisheiten verinnerlicht haben. Eine davon ist: Der Messias kommt. Und als sie diesen Messias erkennt, da macht sie sich auf. Da geht sie zu den Menschen und erzählt davon. Als erste Evangelistin sozusagen. Nach den Hirten auf dem Felde. Von Hanna möchte ich mir zu eigen machen: auch im Alter offen für neue Gotteserfahrungen sein. Nicht in der Routine des Alltags untergehen. Und Gottes gute Botschaft weitergeben.

Simeon und Hanna. Zwei weise, alte Menschen. Maria und Josef haben von den beiden etwas mit auf ihren Weg bekommen. Zuspruch und Anspruch zugleich. Segen und Verheißung.
Was daraus alles geschehen wird ist den beiden wohl noch nicht so klar. Zunächst gilt es, den nahen Alltag zu meistern. Aber knapp 30 Jahre später wird sie wieder emporsteigen, die Erinnerung an diesen Tag. Die Erinnerung an das, was Simeon und Hanna gesagt haben.

Lassen wir uns auch mit hinein nehmen in die Verheißungen dieser zwei alten, weisen Menschen. Und vielleicht lassen wir Jüngeren uns einmal darauf ein, die Lebensweisheiten unserer älteren Gemeindeglieder zu hören. Vielleicht stecken da ja auch solche Prophezeiungen drin, wie bei Simeon und Hanna. Vielleicht erleben wir dann auch den Frieden in Jesus Christus, den Hanna und Simeon gefunden haben.
Denn Frieden haben sie gefunden. Sie haben ihren Frieden mit ihrem Leben gemacht. Und das alles, weil sie Gottes Zusagen vertraut haben.

Amen

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus unseren Herrn.

Sonntag, 12. Oktober 2014

Merci - schön, dass es dich gibt



Was wäre das schön, wenn alle so wären wie ich.
Oder vielleicht doch nicht?
Immerhin hat Gott uns Menschen sehr unterschiedlich begabt. Und das wird wohl seinen Sinn haben, auch wenn es das Zusammenleben (auch in einer Gemeinde) oft schwierig gestaltet.
Paulus zeigt uns, was uns zusammenhält.
Fröhliche Grüße
Bernd




Lieber Vater, schenk uns ein Herz für dein Wort und dein Wort für unser Herz. Amen

Liebe Gemeinde,

Einheit in Vielfalt. Als mir das Thema für den heutigen Gottesdienst gesagt wurde, musste ich als erstes an Schokolade denken. Helle Vielfalt, herbe Vielfalt, große Vielfalt. Und das alles von Merci. „Klasse“ dachte ich, wie unsere Gemeinde. Für jeden Geschmack etwas dabei. Und das alles schön einheitlich und übersichtlich.

„Was die Gemeinde zu einer Einheit macht“ ist die Überschrift in der Neuen Genfer Übersetzung. Epheser 4, 1-6. In der Gottesdienstbibel im Neuen Testament auf Seite  230. Ich lese allerdings aus der Neue Genfer Übersetzung.

Was die Gemeinde zu einer Einheit macht

1 Als einer, der für sein Bekenntnis zum Herrn im Gefängnis ist, bitte ich euch nun: Denkt daran, dass Gott euch zum Glauben gerufen hat, und führt ein Leben, das dieser Berufung würdig ist!
2 Keiner soll sich über den anderen erheben. Seid vielmehr allen gegenüber freundlich und geduldig und geht nachsichtig und liebevoll miteinander um.
3 Setzt alles daran, die Einheit zu bewahren, die Gottes Geist euch geschenkt hat; sein Frieden ist das Band, das euch zusammenhält.
4 Mit »Einheit« meine ich dies: ein Leib, ein Geist und genauso auch eine Hoffnung, die euch gegeben wurde, als Gottes Ruf an euch erging;
5 ein Herr, ein Glaube, eine Taufe,
6 ein Gott und Vater von uns allen, der über alle regiert, durch alle wirkt und in allen lebt.

In der Großen Vielfalt gibt es acht Sorten. Also auch acht Punkte in der Predigt. Hoffentlich genauso schmackhaft.

1. Herbe Sahne – nicht leicht, aber sinnvoll

Der Text fängt ja gut an. Paulus im Gefängnis. Und das wegen seines Glaubens. Wirklich herb. Aber statt sich zu beklagen denkt er über Menschen in der Gemeinde nach. Und dabei scheint ihm etwas aufzufallen. Sonst wiese er sie wohl nicht darauf hin, warum sie glauben und wie sich das äußern sollte.
„Gott hat euch gerufen“. Nicht nur an die Epheser ist das gerichtet. Auch an uns heute. Wir sind gerufen worden. Gott hat uns angesprochen. Jede und jeden persönlich. Das ist keine herbe Sahne mehr, das ist erste Sahne. Etwas Besseres konnte uns nicht passieren. Dazu gehört aber auch „ein Leben, das dieser Berufung würdig ist“. Wie das aussieht beschreibt Paulus im 2. Vers: „Keiner soll sich über den anderen erheben. Seid vielmehr allen gegenüber freundlich und geduldig und geht nachsichtig und liebevoll miteinander um.“ Und das ist dann wieder herb. Wie soll das denn funktionieren? Auf dem Papier liest sich das ja ganz gut und hört sich auch sinnvoll an. Das aber im Leben umzusetzen, im Alltag mit Inhalt zu füllen, ist eine hohe Kunst. In unserer Gesellschaft und damit auch in unserer Gemeinde geht es doch meistens darum über dem anderen zu stehen. Macht, Reichtum und Ansehen sind Antriebsfedern unserer Gesellschaft. Um das zu erreichen wird nicht immer so miteinander umgegangen, wie Paulus es hier als vorbildhaft beschreibt. Vielleicht klappt das ansatzweise auch nur, wenn wir „auf das Band, das uns zusammenhält“ achten. Dieses Band verhilft uns dazu eine Einheit zu sein. Nicht immer einheitlich im Denken und Tun, aber immer einheitlich im Wissen, das Gott selbst uns gerufen hat. Unsere Unterschiedlichkeit ist dabei sinnvolles Geschenk Gottes.

2. Mandel-Milch-Nuß - ein Leib

Wie steht es in 1. Korinther 12, 19+27, 28 (NGÜ)
„19 Was wäre das schließlich für ein Körper, wenn alle Teile dieselbe Aufgabe hätten? 27 Das alles gilt nun auch im Hinblick auf euch, denn ihr seid der Leib Christi, und jeder Einzelne von euch ist ein Teil dieses Leibes. 28 Gott hat in der Gemeinde allen eine bestimmte Aufgabe zugewiesen.“

Einheit in Vielfalt ist hier Programm. Ein Körper nur aus Händen oder nur aus Ohren oder nur aus Mündern? Das sollte was geben. Egal was wir anpackten, nichts funktionierte. Selbst die einfachsten Dinge gelängen nicht. Übertragen auf uns als Gemeinde heißt das: gerade die Verschiedenheit von uns Menschen ist es, die Gemeinde prägt, gestaltet, ausmacht. Ohne die Unterschiedlichkeit wären wir – mit Verlaub – eine Einheitspampe; ein Brei ohne Geschmack. Durch unsere jeweiligen Begabungen und Befähigungen wird unsere Gemeinde anziehend und aussagekräftig; ein leckeres Stück Mandel-Milch-Nuß Schokolade, durch die unterschiedlichen Zutaten schmackhaft. Diese Vielfältigkeit anzuerkennen und zu leben ist unsere Aufgabe und Herausforderung. Jede und jeder sind dazu wichtig und vor allem: von Gott berufen.

3. Milch Praliné - ein Geist

Der eine Geist verbindet uns. Er ist uns von Jesus Christus eingehaucht worden. Johannes 20, 22 (NGÜ) „Und er hauchte sie an und sagte: »Empfangt den Heiligen Geist!“
Als Gott Adam schuf ist auch etwas eingehaucht worden. Der Odem des Lebens, der Atem Gottes. 1. Mose 2, 7 (Luther 1984) „Da machte Gott der HERR den Menschen aus Erde vom Acker und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen“
Heiliger Geist, Atem Gottes. Wie in der Milch Praliné ja diese Creme versteckt ist, versteckt sich in dem Wort ‚Geist’ etwas Wichtiges. Ohne diese Zutat fehlte etwas. Im Geist ist der Atem Gottes. Ohne diesen Atem kann kein Körper leben. Erst der Atem belebt. Wir alle sind von Gottes Atem belebt, mit dem heiligen Geist erfüllt. Deshalb dürfen, wollen und können wir auch an Gottes Gemeinde mitbauen.

4. Dunkle Mousse - eine Hoffnung

Die eine Hoffnung. Und wie die aussehen kann steht in Johannes 14,2 (NGÜ) „Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich dann etwa zu euch gesagt, dass ich dorthin gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten?“ Vielfältig können diese Wohnungen sein. Unterschiedlich eingerichtet stellen wir sie uns vielleicht vor. Dunkle Mousse birgt ja auch unterschiedliche Vorstellungen. Ich denke immer an die von Markus Stangs, weniger an Merci. Bei euch kann das ganz anders sein. Aber eins bleibt unabdingbar. Wie in Titus 1,2 (NGÜ): „die Hoffnung auf das ewige Leben“. Das ist gemeinsame Grundlage. Das geben wir alle gerne weiter. Das dürfen wir erwarten.

Drei Sorten Merci haben wir bisher kennengelernt. Leib, Geist und Hoffnung - berufen, belebt und erwartet.

Jetzt kommt es zur Veredelung:

5. Edel Nougat - ein Herr

In Philipper 2, 11 (NGÜ) heißt es „Alle werden anerkennen, dass Jesus Christus der Herr ist, und werden damit Gott, dem Vater, die Ehre geben.“
Dieser Vers aus dem Christushymnus ist eines der ersten Glaubensbekenntnisse. Vor allem eines der kürzesten, eines, das Glauben kurz und knapp auf den Punkt trifft.
Das griechische Wort für Herr - nämlich ‚kyrios’ – gibt uns noch weitere Hinweise: es ist in der damaligen griechischen Umgangssprache der Gegenbegriff zu Diener oder Sklave und ebenfalls die Bezeichnung für einen Herrscher. Jesus als Kyrios anzuerkennen hieß gleichzeitig, sich gegen die politischen Herrscher, allen voran den römischen Kaiser, zu stellen. Und es bedeutet dem einen Herrn gehören und ihm dienen zu wollen. Das gilt auch für jeden einzelnen Menschen in unserer Gemeinde. Ja sagen zu Jesus Christus ist unsere verbindende, gemeinsame Basis.

6. Edel Marzipan - ein Glaube

Es gibt nur einen Glauben. Selbst wenn wir unterschiedliche Ausprägungen unseres Glaubens in den Vordergrund stellen, wenn wir uns in manchen Glaubensfragen nicht einigen können; das Jesus Christus unser Herr ist, sollte unantastbar für alle sein.
Gott gehören, ihm dienen wollen – darauf soll unser Leben ausgerichtet sein. Auch wenn es vielfältige Formen dieser Ausrichtung geben kann. Für die eine ist es das politische Handeln in der Flüchtlingsarbeit, für den anderen die Erfüllung des diakonischen Auftrags im verborgenen Handeln am Nächsten. Aber ganz egal, welche Aufgabe in der Gemeinde wahrgenommen wird: es geschieht immer aus dem einen Glauben heraus. Um Hebräer 11,1 (NGÜ) zu zitieren: „Was ist denn der Glaube? Er ist ein Rechnen mit der Erfüllung dessen, worauf man hofft, ein Überzeugtsein von der Wirklichkeit unsichtbarer Dinge.“ Darin dürfen wir uns gegenseitig bestärken.

7. Edel Rahm - eine Taufe

Zu Zeiten der ersten Christenheit gab es nur die Erwachsenentaufe. Ein öffentliches Bekenntnis zu Jesus Christus. Wenn ein Heide Christus kennengelernt hatte, wie es so schön heißt, dann machte er seinen Glauben sichtbar. Er ließ sich taufen. Öffentlich, in einem Gewässer. Nach einer Zeit der Unterweisung. Erst im Laufe der Kirchengeschichte entwickelte sich dann die Kindertaufe. Und die Unterweisung erfolgt mittlerweile im Konfiunterricht. Seltener, das ein Erwachsener sich taufen lässt. Daher gibt es auf Jugendfreizeiten unserer Gemeinde oft den sogenannten Festmachabend. Ein Abend, an dem die Jugendlichen ganz bewusst noch einmal wahrnehmen und sagen können: Ja, ich will zu Gott gehören. Sie lassen sich damit in die Nachfolge Jesus stellen. Ein klares Bekenntnis zu ihrer Kindertaufe. Ein klares Bekenntnis, sich in die Gemeinschaft der Christen zu stellen. Und dieses Bekenntnis ist gemeinsame Grundlage. Einmal das Ja zu Gott ausgesprochen haben ist unsere Gemeinsamkeit.

Und zum Schluss das Sahnehäubchen.

8. Kaffee Sahne - ein Gott

Es gibt nur einen Gott. In 2. Mose 20, 2+3 (Luther 1984) steht geschrieben „Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ Und jetzt in unserem Predigttext wird das nochmals erläutert.
„Gott und Vater von uns allen, der über alle regiert, durch alle wirkt und in allen lebt.“

Gott, Vater von uns allen. Das ist sein Geschenk der Liebe an uns. Von der Schöpfung an. Er hat uns gemacht, nach seinem Ebenbild.

Gott regiert über alle. Er hält alles in seinen Händen. Was auch geschieht, nichts kann sich seiner Macht entziehen. Seine schützende Hand hält uns.

Gott wirkt durch alle. Er wird immer alles in die richtige Bahn lenken. Wie auch immer wir Menschen handeln, Gott lässt diese Welt, lässt uns Menschen nicht im Stich.

Gott lebt in allen. Ob wir wollen oder nicht. Gott ist nicht nur in uns, er ist auch in allen anderen. Und in noch viel mehr. Er ist gegenwärtig. Jederzeit.

Wie fasst William Barclay es zusammen: „Als Christen glauben wir, dass wir in einer von Gott geschaffenen und regierten Welt leben.“

Einheit in Vielfalt. Es ist gut, dass wir in unserer Gemeinde als Menschen so unterschiedlich sind. Wir müssen nicht einheitlich sein, nicht gleichgeschaltet. Wir dürfen die Vielfalt haben. Denn erst die vielfältigen Begabungen und Charakteristika sind belebend für die Gemeinde, die unterschiedlichen Vorstellungen ermöglichen eine gewissenhafte Auseinandersetzung mit dem, was Gott uns für diese Welt aufgetragen hat: (Mat. 28, 19 NGÜ) „Darum geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.“

Lasst uns das nicht vergessen.

Amen

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus unseren Herrn.

Mittwoch, 30. Juli 2014

Wo Heckinghauser Predigten als mp3 zu finden sind

Moin zusammen,

und hier mal der Hinweis, wo es die Predigten 2014 als mp3 zum Download gibt:

http://lebenszeichen.eu/Gottesdienst_vom__16.03.2014.mp3
http://lebenszeichen.eu/Gottesdienst_vom__01.06.2014.mp3
http://lebenszeichen.eu/Gottesdienst_vom__20.07.2014.mp3

Und unter http://lebenszeichen.eu findet ihr zum einen Infos über unseren Lebenszeichen-Gottesdienst, sowie (fast) alle Predigten des laufenden Jahres als mp3

Herzlichen Dank an Holger, der regelmäßig die Zeit aufbringt das alles online zu stellen.

Fröhliche Grüße
Bernd

Sonntag, 20. Juli 2014

An-regen statt auf-regen




Traumwetter, endlich Sommer. Und dann wird uns der Sonntag morgen durch den Bibeltext in unserer Gemeinde madig gemacht: Bessert euch! werden wir aufgefordert. Frechheit sowas, oder? Lest selber.

Fröhliche Grüße
Bernd



Lieber Vater, schenk uns ein Herz für dein Wort und dein Wort für unser Herz. Amen

Liebe Gemeinde,

Jeremia zum dritten.
Nach ‚unmöglich’ und ‚verrückt’ jetzt ‚ganz ohne’. Genauer gesagt „Der Tempel ohne Gott“. Jeremia 7, 1-15. In der Gottesdienstbibel im Alten Testament auf Seite 725

Die Tempelrede
1 Dies ist das Wort, das vom HERRN geschah zu Jeremia:
2 Tritt ins Tor am Hause des HERRN und predige dort dies Wort und sprich: Höret des HERRN Wort, ihr alle von Juda, die ihr zu diesen Toren eingeht, den HERRN anzubeten!
3 So spricht der HERR Zebaoth, der Gott Israels: Bessert euer Leben und euer Tun, so will ich bei euch wohnen an diesem Ort.1
4 Verlasst euch nicht auf Lügenworte, wenn sie sagen: Hier ist des HERRN Tempel, hier ist des HERRN Tempel, hier ist des HERRN Tempel!
5 Sondern bessert euer Leben und euer Tun, dass ihr recht handelt einer gegen den andern
6 und keine Gewalt übt gegen Fremdlinge, Waisen und Witwen und nicht unschuldiges Blut vergießt an diesem Ort und nicht andern Göttern nachlauft zu eurem eigenen Schaden,
7 so will ich immer und ewig bei euch wohnen an diesem Ort, in dem Lande, das ich euren Vätern gegeben habe.
8 Aber nun verlasst ihr euch auf Lügenworte, die zu nichts nütze sind.
9 Ihr seid Diebe, Mörder, Ehebrecher und Meineidige und opfert dem Baal und lauft fremden Göttern nach, die ihr nicht kennt.
10 Und dann kommt ihr und tretet vor mich in diesem Hause, das nach meinem Namen genannt ist, und sprecht: Wir sind geborgen, - und tut weiter solche Gräuel.
11 Haltet ihr denn dies Haus, das nach meinem Namen genannt ist, für eine Räuberhöhle? Siehe, ich sehe es wohl, spricht der HERR.
12 Geht hin an meine Stätte zu Silo, wo früher mein Name gewohnt hat, und schaut, was ich dort getan habe wegen der Bosheit meines Volks Israel.
13 Weil ihr denn lauter solche Dinge treibt, spricht der HERR, und weil ich immer wieder zu euch redete und ihr nicht hören wolltet und ich euch rief und ihr nicht antworten wolltet,
14 so will ich mit dem Hause, das nach meinem Namen genannt ist, auf das ihr euch verlasst, und mit der Stätte, die ich euch und euren Vätern gegeben habe, ebenso tun, wie ich mit Silo getan habe,
15 und will euch von meinem Angesicht verstoßen, wie ich verstoßen habe alle eure Brüder, das ganze Geschlecht Ephraim.

Tja. Das ist mal ein Text. Der liest ganz schön die Leviten. Also jetzt natürlich nicht uns, sondern den Juden damals. Die müssen ja was auf dem Kerbholz gehabt haben. Nicht umsonst hält Jeremia ihnen so ziemlich alle Verstöße gegen die 10 Gebote vor. Diebe, Mörder, Ehebrecher, Meineidige und Götzenverehrer sind sie. Und schämen sich noch nicht mal trotzdem in den Tempel zu gehen und Gott anzubeten. Dreister geht es ja wohl kaum. Aber Gott zeigt ihnen, wo es langgeht. Vernichten will er sie, vernichten, wie er schon Silo, den langjährigen Ort der Stiftshütte, vernichtet hat.

Eine wahre Zumutung also dieser Text. Da trifft die Predigtreihenüberschrift ja den Nagel auf den Kopf: Jeremias Zumutungen.
Eine Zumutung uns am heutigen Sonntag so einem Text auszusetzen. Da bin ich hier im Gottesdienst in dieser schönen Kirche, erhoffe mir einen erbaulichen Gottesdienst, um Kraft zu schöpfen für die kommende Woche und dann so was. Gut das nicht jemand wie Jeremia heute morgen am Eingang gestanden hat. Stell dir das mal vor. „Hört Gottes Wort“ „Bessert euer Leben“. Wir wollen hier doch einladende Gemeinde sein. Das wäre ja gar nicht damit in Einklang zu bringen. Eine Zumutung ist das.

Ihr merkt: aufregen über den Text heute ist ganz einfach. Aufregen ist überhaupt ganz einfach. Vor allem über die anderen. Die, von denen da im Text die Rede ist. Weil ich, ich bin ja wohl nicht gemeint. Mach ich ja nicht – stehlen, töten, ehebrechen, lügen und Gott verleugnen.

Aber könnte es sein, das der Jeremia vielleicht gar nicht auf-regen sondern an-regen möchte?
Anregen nachzudenken. Darüber, wie mein Lebensstil ist. Darüber, was für mich im Leben zählt.

Wie kommt Jeremia denn überhaupt dazu Kirchgängern (oder damals besser Tempelgängern) solche Worte an den Kopf zu werfen? Das geschieht doch nicht ohne Grund. Jeremia ist Prophet, ein von Gott bevollmächtigter Mensch, der den Menschen in seiner Umgebung Gottes Wort, Gottes Wahrnehmung, Gottes Willen sagen sollte. Nicht immer bequem, aber immer ehrlich. Denn so ist Gott. Nicht immer nur der liebende Vater im Himmel, sondern auch der tobende, rasende, zornige Gott, dem nicht passt, was wir Menschen so anstellen und das auch deutlich zum Ausdruck bringt. Die Israeliten können mehr als ein Lied davon singen.

Dabei könnte alles so einfach sein. Zehn Gebote hat Gott uns gegeben. Zehn mal richtet er uns aus, was wir nicht nötig haben im Umgang mit ihm, im Umgang mit unserem Mitmenschen, im Umgang mit uns selber. Was wir nicht nötig haben wohlgemerkt. Nicht, was wir gefälligst zu tun und zu lassen haben. Kein ‚Du darfst aber nicht’ sondern ein ‚Du hast es nicht nötig’.
Und auch durch Jeremia lässt er ausrichten, wie gottgefälliges Leben aussehen sollte: handelt recht einer gegen den andern, übt keine Gewalt gegen Fremdlinge, Waisen und Witwen und vergießt nicht unschuldiges Blut und lauft nicht andern Göttern nach zu eurem eigenen Schaden.

Wie sieht das denn bei mir aus? Halte ich mich daran?
Immer recht handeln gegen den anderen mag aus meiner Perspektive stimmen. Aber stimmt das aus der Sicht Gottes? Das was ich für recht halte ist vielleicht nicht immer das, was Gott für recht hält. Das ist ja auch das Schwierige daran. Zu beurteilen, danach zu handeln, was Gott für recht hält. Ich alleine mag das gar nicht beurteilen. Da ist es wichtig Menschen an meiner Seite zu wissen, die ebenfalls nach den Geboten Gottes leben möchten. Mit ihnen im Austausch darüber zu sein, was Gott möchte, wie das Auswirkungen in meinem Leben haben kann. Nicht umsonst, denke ich, richtet Jeremia seine Worte nicht an eine einzelne Person, sondern spricht alle Tempelgänger auf einmal an (euer Leben, euer Tun). Deshalb brauchen wir als Christen auch die Gemeinschaft und den damit verbundenen regelmäßigen Austausch. Deshalb wird uns solch ein Text auch an einem Sonntag zugemutet. Wo könnten wir ihn besser hören und darüber austauschen als an dem Ort, wo viele Christen zusammentreffen. An dem Ort, wo Gott ewig wohnen will, wenn wir nach seinem Willen ernsthaft fragen. Und dann ist es auch keine Zumutung mehr von Jeremia die Schwierigkeiten, die Gott mit unserer Art zu leben hat, offen anzusprechen. Dann ist es ein Mut machen, ein Anregen über den eigenen Lebensstil nachzudenken. Mit anderen Christen zusammen. Sich auseinandersetzen mit der Flüchtlingspolitik, mit dem Umgang mit Migranten, mit dem Sozialsystem unseres Staates. Und was das für Heckinghausen, aber auch für jedes Gemeindeglied heißt. Für dich und für mich.
Die Anfrage, ob ich nicht eher anderen Göttern wie Geld, Gold und einem sorgenfreien Leben hinterherlaufe, als Gottes guten Geboten, seinem Plan für mein Leben. Dieser Anfrage soll und muss ich mich stellen. Jeden Tag neu. Denn ich bin doch genau wie die Israeliten zur Zeit Jeremias: eingerichtet in meine Lebensumstände, eingerichtet auch in meinem Christsein. Es geht alles seinen Gang und ich merke gar nicht, wie ich mich vielleicht auf Abwege und Irrwege begebe. Da ist es wichtig immer wieder auf Weckrufe zu achten. Weckrufe, die aus biblischen Texten, aus den Erfahrungen meiner Glaubensgeschwister an mich herangetragen werden. Ich darf sie nur nicht zur Seite schieben, überhören. Ich muss mich darauf einlassen und gewillt sein, offen und ehrlich damit umzugehen. Dann, so denke ich, erlebe ich Gottes Wirken in meinem Leben.

Sonntags in den Gottesdienst, vielleicht noch ein Gemeinde- oder Hauskreis in der Woche sollte für Gott doch ausreichend sein. Das haben sich die Israeliten damals wohl auch gedacht; und haben nicht damit gerechnet, das Jeremia dem Wirken Gottes eine andere Sprache gibt. Eine schmerzende, anklagende, Sprache eben. Gott ist nämlich nicht nur der barmherzige und gnädige Gott, den wir uns doch so sehnlich wünschen. Er ist ein Gott, der auch zornig, sogar strafend sein kann.
Das wird vielleicht gerne übersehen. Es ist ja auch einfacher an einen ‚guten’ Gott zu glauben und im eigenen Leben unterzubringen. Es ist einfacher damit zu leben, das Jesus für unsere Sünden gestorben ist.
Zu erkennen und anzunehmen, dass ich trotzdem weiterhin Sünder in den Augen Gottes bin; dass ich also an manchen Stellen ein Leben führe, das mich von Gott trennt; darauf macht mich Jeremia sehr deutlich aufmerksam. Wenn ich als Vater meinen Kindern in der Erziehung Grenzen aufgezeigt habe, kam das bei den Dreien auch nicht immer, eigentlich sogar sehr selten, in dem Moment gut an. Das hat ihnen nicht gepasst und dagegen haben sie sich aufgelehnt. Oder es klaglos hingenommen nach dem Motto: je ruhiger ich mich verhalte desto schneller ist der Streß vorbei. Und ich ertappe mich, dass ich mich ähnlich verhalte, wenn ich Gottes Anfragen an mein Leben höre. Als Schöpfer hat er alles Recht mir den Spiegel vorzuhalten (mehr als ich als Vater meinen Kindern gegenüber habe), mich aufmerksam zu machen auf die Hindernisse in meinem Leben. Das ist für mich schmerzhaft, wirkt auf mich manchmal auch ungerecht im Blick auf das Leben anderer. Aber es tut auch gut, das hören zu dürfen. Eben weil ich auch die Erfahrung gemacht habe, das Gott ein gerechter Gott ist, der mir als liebender Vater begegnet und der möchte, das mir alle Dinge zum Besten dienen.
Wäre es wirklich toll, nur einen bequemen Gott zu haben, der wie ein Kuschelkissen herausgeholt werden kann, wenn es mir mal nicht so gut geht? Ist es nicht viel besser einen Gott zu haben, der auch einmal unangenehme Dinge anspricht und alles dafür tut, damit ich ein erfülltes Leben führen kann?
Was wäre das für ein Tempel, eine Kirche ohne Gott? Eine nutzlose Hülle, nur damit ich mich wohlfühlen kann in meinem Leben. Damit ich wohlig eingerichtet bin.
Das aber ist und kann nicht Ziel meines Lebens sein. Ich bin mir klar darüber, dass Gott, der mich geschaffen hat, ein anderes Ziel für mein Leben vorgesehen hat. Das Ziel ewigen Lebens mit ihm. Immer und ewig will er bei mir wohnen. So hat er es versprochen. Schon damals durch Jeremia. Und erst recht durch Jesus Christus, seinen Sohn, unseren Herrn.

Amen

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus unseren Herrn.

Freitag, 20. Juni 2014

Kindheitstraum

Moin zusammen,

einmal auf der Fiderepasshütte übernachten...
Ein Kindheitstraum wurde wahr.
Sonnenaufgang auf ca. 2080m.

Danke für dieses Geschenk HERR.

Fröhliche Grüße
Bernd











Sonntag, 1. Juni 2014

Sola gratia - Allein aus Gnade

Moin zusammen,

schwach sein dürfen, gnädig behandelt werden, getragen werden, anerkannt sein. Das wünschen wir uns doch alle.
Die Erfahrung lehrt uns in der heutigen Gesellschaft oft das Gegenteil. Selbst in Gemeinden, unter Christen ist nicht alles Gold, was glänzt.
Paulus hat mit seinem Text da etwas gegenzusetzen. Sola gratia - allein aus Gnade. Gottes Geschenk an uns. Danke Herr!

Fröhliche Grüße
Bernd





Lieber Vater, schenke Reden, Hören und Verstehen durch deinen Heiligen Geist. Komm Heiliger Geist. Amen

Liebe Gemeinde,

heute ist der 6. Sonntag nach Ostern. Der letzte Sonntag vor Pfingsten. Exaudi – „Höre meine Stimme“ lautet sein Name.
„Höre meine Stimme“ das ist es doch auch, was ich mir oft sehnlich für mein Leben wünsche. Und neben der Stimme möchte ich auch Gottes Handeln in meinem Leben wahrnehmen.

Unser heutiger Predigttext mag dafür Hilfestellung leisten. Er steht in Röm. 8, 26-30. In der Gottesdienstbibel auf Seite 187 im Neuen Testament.

26 Desgleichen hilft auch der Geist unsrer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich's gebührt; sondern der Geist selbst vertritt uns mit unaussprechlichem Seufzen.
27 Der aber die Herzen erforscht, der weiß, worauf der Sinn des Geistes gerichtet ist; denn er vertritt die Heiligen, wie es Gott gefällt.
28 Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind.
29 Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.
30 Die er aber vorherbestimmt hat, die hat er auch berufen; die er aber berufen hat, die hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht.

Gerade ist Christi Himmelfahrt vorbei. Die Jünger „aber zogen aus und predigten an allen Orten. Und der Herr wirkte mit ihnen und bekräftigte das Wort durch die mitfolgenden Zeichen.“ (Mk 16, 20) Oder „Sie aber beteten ihn an und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude und waren allezeit im Tempel und priesen Gott.“ (Lk 24,52f).
Dabei lebten sie in der Naherwartung. Der Erwartung, dass noch zu ihren Lebzeiten Jesus wiederkäme und dann Gottes Reich endgültig sei. Fast 30 Jahre ist es her seit Jesus gestorben und auferstanden ist. Und in diesen 30 Jahren hat sich das
Glaubensleben der ersten Christen bestimmt verändert. So wie sich mein, wie sich unser Glaubensleben, auch mit den Jahren verändert hat. Es gab Höhen und Tiefen. Momente, in denen Gott ganz nahe und spürbar war. Aber eben auch Zeiten in denen Gott weit entfernt, wenn nicht sogar komplett abwesend erschien.
In diesem 8. Kapitel des Römerbriefes wird Mut gemacht. Beginnend mit Vers 1 in dem es heißt: „So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.“ Und es endet mit der Gewissheit „dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Jesus Christus ist, unserem Herrn.“
Paulus missioniert in diesem Brief nicht, Paulus schreibt an Christen, an Menschen, die mit Jesus leben wollen, die Jesus Weg nachfolgen möchten. Paulus schreibt damit über die Jahrhunderte hinweg auch an uns heute in diesem Gottesdienst. An uns als Christen. Denn, wie Luther sagt: „Wir finden in dieser Epistel aufs allerreichlichste, was ein Christ wissen soll, nämlich: was Gesetz, Evangelium, Sünde, Strafe, Gnade, Glaube, Gerechtigkeit, Christus, Gott, gute Werke, Liebe, Hoffnung, Kreuz sei; auch das, wie wir uns gegen jedermann, er sei fromm oder Sünder, stark oder schwach, Freund oder Feind, und gegen uns selber verhalten sollen…“

Dazu zwei Gedanken aus dem Text.

1. Unsere Schwachheit – und was daraus folgt

26 Desgleichen hilft auch der Geist unsrer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich's gebührt; sondern der Geist selbst vertritt uns mit unaussprechlichem Seufzen.
27 Der aber die Herzen erforscht, der weiß, worauf der Sinn des Geistes gerichtet ist; denn er vertritt die Heiligen, wie es Gott gefällt.

Wir wissen nicht, was wir beten sollen. So schreibt es Paulus hier. Dabei haben wir von Jesus selber doch das Gebet gelehrt bekommen, das wir beten sollen: „Unser Vater im Himmel…“ Reicht das etwa nicht aus?
Für Paulus nicht. Denn ihm ist etwas Wesentliches klar geworden: Beten, „wie sich’s gebührt“ ist eben nicht das Nachsprechen eine auswendig gelernten Textes. Beten ist mehr, nämlich Reden mit Gott. Und da hakt es eben manchmal bei uns Menschen. Ich habe manchmal den Eindruck, mein Beten ist eher Selbstgespräch oder Pflichtbewusstsein als sprechen mit einem Gegenüber. Und mir fehlen manchmal auch die Worte das auszudrücken, was ich tatsächlich meine und fühle und an Gott abgeben, ihm sagen möchte. Paulus macht mir das nicht zum Vorwurf. Er hat erkannt, dass zum Beten eben noch mehr gehört. Das ich das eben nicht einfach kann, nur weil ich Christ bin, sondern dass ich es kann, weil „der Geist selbst [mich] vertritt…mit unaussprechlichem Seufzen“.
Und dann reicht auch wieder das „Unser Vater“.
Wie tröstlich ist das. Ich darf mir eingestehen keine eigenen Worte zu haben. Ich muss nicht das letzte Wort haben. Ich muss auch nicht wortreich erklären, warum  ich doch der Stärkere oder Bessere oder einfach nur Glücklichere bin. Nein! Ich darf zulassen schwach zu sein, nicht alles in der Hand zu haben. Denn ich habe jemanden, der mich dann an die Hand nimmt. Nicht umsonst hat Jesus uns gelehrt „Dein Wille geschehe“ zu beten. Ich weiß nicht, was mir gut tut, ich weiß nicht, wie ich meine eigenen Schwächen, meine Sorgen ausdrücken soll (wenn ich sie überhaupt erkenne). Aber Gott selbst weiß das. Er hat mich geschaffen, er weiß um mich noch vor meiner Geburt, genauso wie er um meine Gegenwart und Zukunft weiß. Wenn der heutige Predigttext im Gemeindebrief überschrieben ist mit „Berufen zum Heil“, dann gehört auch das zu diesem Heil. Heil ist gerettet werden, gerettet bleiben – nicht aus eigener Kraft, sondern durch die Kraft Gottes. Meine Schwachheit wird aufgehoben durch die Kraft Gottes. Meine Schwachheit wird angesehen durch Jesus Christus. Meiner Schwachheit wird aufgeholfen durch den Geist. Und so ganz nebenbei lerne ich, dass Gott mir in dreifacher Gestalt begegnet. Der dreieinige Gott ist ganz bei mir.
Das ist eben die Folge unserer menschlichen Schwachheit: Wir sind näher bei Gott, spüren seine Liebe stärker. „Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ (2. Kor. 12, 9) Dank des Geistes und seiner Hilfe.

2. Unser Wissen – und seine Gnade

28 Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind.
29 Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.
30 Die er aber vorherbestimmt hat, die hat er auch berufen; die er aber berufen hat, die hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht.

Da sind wir nun also durch die Kraft Gottes gerettet worden. Unser Leben zeigt in der Rückschau immer wieder, dass die bestmöglichen Wege gegangen wurden mit seiner Hilfe. Er hat uns Freiraum gelassen, er hat sich uns nicht aufgedrängt, aber er hat immer wieder seine schützende Hand über uns gehalten. Hat uns getragen, wo wir nicht weitergehen konnten. Und das wissen wir auch und gerade als Christen. Deshalb schreibt Paulus von „denen, die Gott lieben“. Also von denen, die sich willentlich zu Gott bekannt haben. Dieser erste Teil von Vers 28 macht das deutlich.

Aber es geht ja noch weiter. „Nach seinem Ratschluss berufen“, „ausersehen“, „vorherbestimmt“. Da könnte ja die Idee aufkommen ‚Ach so, alles schon vorab bestimmt, da muss ich mich ja nicht anstrengend bzw. da muss ich mich ja gar nicht entscheiden; muss mein Leben nicht mehr kontrollieren und hinterfragen.’
Aber weit gefehlt. Das was damit ausgedrückt werden soll ist, das Gott einen Plan hat. Bei Amos heißt es „Aus allen Geschlechtern auf Erden habe ich allein euch erkannt“. „Berufen“, „ausersehen“, „vorherbestimmt“; Paulus beschreibt hier welche Vorstellungen Gott hat, welche Pläne er mit uns Menschen verfolgt. Er schreibt das auch, um klar zu machen, dass unsere Berufung nicht eine höhere Wertigkeit besitzt oder sogar aus uns selber heraus gewollt ist oder war. Nein, Gott selbst hat uns berufen. Er ist uns nahe. Näher als ein Mensch es je sein kann. Von Anfang an, im Mutterleib, zu allen Zeiten. Und trotzdem: ob wir seinen Ruf hören, ob wir ihm folgen, bleibt immer noch freiem Willen unterstellt.

Menschlich ist das nicht nachvollziehbar. Der Verstand macht da nicht mit. Gott hat mich erkannt? Er hat etwas vor mit mir? Und deshalb bin ich gerecht? Deshalb darf ich sein Kind sein? Ich bekomme also etwas geschenkt, ganz ohne mein Zutun. In der heutigen Gesellschaft doch nahezu undenkbar. Meistens wird doch eine Gegenleistung erwartet. Stimmt! Zumindest für die Gesellschaft.
Aber eben nicht bei Gott. Das hat er nicht nötig. Im Gegenteil: er teilt aus mit vollen Händen. Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist. Im Abendmahl dürfen wir das erfahren. Noch mal: „Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ (2. Kor. 12, 9). Aus Gnade gerecht. Weil Gott gnädig ist. Das ist eine Erklärung des Paulus. Sola gratia, allein aus Gnade. Von Gott geschenkt. Und eben nicht aus menschlichen Werken, nicht durch menschliche Leistung.

Im Heidelberger Katechismus wird das mit der Frage 61 verdeutlicht:
„Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?
Antwort: Ich gefalle Gott nicht deswegen, weil mein Glaube ein verdienstvolles Werk wäre. Allein die Genugtuung, Gerechtigkeit und Heiligkeit Christi ist meine Gerechtigkeit vor Gott. Ich kann sie nicht anders als durch den Glauben annehmen und mir zueignen.“

Annehmen und zueignen. Das sind Schlüsselwörter für unseren Glauben. Da müssen wir aktiv werden. Selber etwas unternehmen. Ein einziges Mal. Zu Gott JA sagen. Und dann missioniert Paulus ja doch in diesem Brief. Er fordert heraus, fordert auf. Er erinnert an das eine, das im Leben zählt: Mein persönliches JA zu Gott. Dein persönliches JA. Dann werden uns alle Dinge zum Besten dienen. Exaudi – „Höre meine Stimme“. Lasst uns darauf antworten. Denn wir sind berufen zum Heil.

Amen

Samstag, 19. April 2014

Gesegnete Ostern

Vilsalpsee, 17-04-2014






Der Herr ist auferstanden!

Er ist wahrhaftig auferstanden :-)

Fröhliche Grüße
Bernd

Sonntag, 16. März 2014

Fürsprache für eine Stadt


Moin zusammen,

Sodom und Gomorra. In der Diskussion um die Steuersache Hoeneß könnte man schnell auf den Gedanken kommen, in der Welt der Reichen herrsche Sodom und Gomorra. Dabei gilt das doch auch für viele andere Lebensbereiche von uns. Und Abrahams Feilschen um Gerechte birgt zusätzlich noch eine andere Betrachtungsweise. Setzt dafür in der folgenden Predigt für 'Heckinghausen' eure Stadt, euer Dorf, euren Stadtteil ein.

Fröhliche Grüße
Bernd


Lieber Vater, schenke Reden, Hören und Verstehen durch deinen Heiligen Geist. Komm Heiliger Geist. Amen

Liebe Gemeinde,

unser heutiger Predigttext steht in 1. Mose 18, 16-33. In der Gottesdienstbibel auf Seite 18 im Alten Testament.

16 Da brachen die Männer auf und wandten sich nach Sodom, und Abraham ging mit ihnen, um sie zu geleiten.
17 Da sprach der HERR: Wie könnte ich Abraham verbergen, was ich tun will,
18 da er doch ein großes und mächtiges Volk werden soll und alle Völker auf Erden in ihm gesegnet werden sollen?
19 Denn dazu habe ich ihn auserkoren, dass er seinen Kindern befehle und seinem Hause nach ihm, dass sie des HERRN Wege halten und tun, was recht und gut ist, auf dass der HERR auf Abraham kommen lasse, was er ihm verheißen hat.
20 Und der HERR sprach: Es ist ein großes Geschrei über Sodom und Gomorra, dass ihre Sünden sehr schwer sind.
21 Darum will ich hinabfahren und sehen, ob sie alles getan haben nach dem Geschrei, das vor mich gekommen ist, oder ob's nicht so sei, damit ich's wisse.
22 Und die Männer wandten ihr Angesicht und gingen nach Sodom. Aber Abraham blieb stehen vor dem HERRN
23 und trat zu ihm und sprach: Willst du denn den Gerechten mit dem Gottlosen umbringen?
24 Es könnten vielleicht fünfzig Gerechte in der Stadt sein; wolltest du die umbringen und dem Ort nicht vergeben um fünfzig Gerechter willen, die darin wären?
25 Das sei ferne von dir, dass du das tust und tötest den Gerechten mit dem Gottlosen, sodass der Gerechte wäre gleich wie der Gottlose! Das sei ferne von dir! Sollte der Richter aller Welt nicht gerecht richten?
26 Der HERR sprach: Finde ich fünfzig Gerechte zu Sodom in der Stadt, so will ich um ihretwillen dem ganzen Ort vergeben.
27 Abraham antwortete und sprach: Ach siehe, ich habe mich unterwunden, zu reden mit dem Herrn, wiewohl ich Erde und Asche bin.
28 Es könnten vielleicht fünf weniger als fünfzig Gerechte darin sein; wolltest du denn die ganze Stadt verderben um der fünf willen? Er sprach: Finde ich darin fünfundvierzig, so will ich sie nicht verderben.
29 Und er fuhr fort mit ihm zu reden und sprach: Man könnte vielleicht vierzig darin finden. Er aber sprach: Ich will ihnen nichts tun um der vierzig willen.
30 Abraham sprach: Zürne nicht, Herr, dass ich noch mehr rede. Man könnte vielleicht dreißig darin finden. Er aber sprach: Finde ich dreißig darin, so will ich ihnen nichts tun.
31 Und er sprach: Ach siehe, ich habe mich unterwunden, mit dem Herrn zu reden. Man könnte vielleicht zwanzig darin finden. Er antwortete: Ich will sie nicht verderben um der zwanzig willen.
32 Und er sprach: Ach, zürne nicht, Herr, dass ich nur noch einmal rede. Man könnte vielleicht zehn darin finden. Er aber sprach: Ich will sie nicht verderben um der zehn willen.
33 Und der HERR ging weg, nachdem er aufgehört hatte, mit Abraham zu reden; und Abraham kehrte wieder um an seinen Ort.

„Fürsprache für eine Stadt“ so steht es im Gemeindebrief.

Aber bevor ich dazu komme, was das in Bezug auf Heckinghausen heißen könnte, erst einmal vier Feststellungen auf dem Weg dorthin.

Erste Feststellung
Vers 7 Da sprach der HERR: Wie könnte ich Abraham verbergen, was ich tun will…
oder
Gott erklärt seine Pläne

Das ist toll. Gott teilt uns hier seine Gedanken mit. Das ist etwas, das das Alte Testament durchzieht. Immer wieder redet Gott mit den Menschen, erklärt sein Handeln. Ob Josef, Abraham oder Noah. Unsere Glaubensväter stehen in Kontakt mit Gott. Reden mit ihm, hören ihn. Von Angesicht zu Angesicht. Und dadurch haben sie einen ganz anderen Zugang zu ihm, als wir das womöglich heute haben.

Zweite Feststellung
Vers 21 Darum will ich hinabfahren und sehen, ob sie alles getan haben nach dem Geschrei, das vor mich gekommen ist, oder ob's nicht so sei, damit ich's wisse.
oder
Gott verlässt sich nicht auf Gerüchte

Die Menschen sind Gott nicht egal. Deshalb will er auch genau wissen, was los ist. Nicht nur auf Hörensagen will er sich verlassen. Nein, als treusorgender Vater will er ganz genau wissen, was Sache ist. Erzählt werden kann viel. Gott will sich selber ein Bild machen.

Dritte Feststellung
Vers 22 Und die Männer wandten ihr Angesicht und gingen nach Sodom. Aber Abraham blieb stehen vor dem HERRN
oder
Gott lässt sich zwingen

Abraham traut sich. Er hat am eigenen Leib erlebt, wie Gott handelt. Er hat von ihm einen neuen Namen bekommen. Und ein Versprechen, das so ungeheuerlich erscheint: Mit neunzig Jahren soll seine Frau ein Kind bekommen. Deshalb stellt er sich Gott in den Weg. Deshalb traut er sich mit Gott zu handeln.

Vierte Feststellung
Vers 23 und trat zu ihm und sprach: Willst du denn den Gerechten mit dem Gottlosen umbringen?
oder
Gottes Gerechtigkeit

Die vielleicht spannendste Frage. Gerecht? Gottlos? Wer entscheidet, was gerecht und was gottlos ist? Darf Abraham Gott diese Frage überhaupt stellen? Darf ich sie heute übernehmen?


Und was heißt das jetzt in Bezug auf Heckinghausen?

Die vier Feststellungen geben uns vier Gestaltungsmöglichkeiten

1. Wir wissen um die Pläne Gottes.

Selbst wenn wir Gott nicht direkt gegenüber stehen. Wenn wir nicht diesen direkten Kontakt haben wie Abraham: Wir wissen doch um Gottes Pläne. Wir haben das Wissen des Neuen Testaments.
„Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe“ steht in Matthäus 28, 19f. „Gott will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“, in 1. Timotheus 2, 4.
Wir dürfen und sollen von Gott reden, seine guten Taten verbreiten, damit Menschen zu Gott finden. Auch in Heckinghausen.

Und wer sagt denn, dass wir keinen direkten Kontakt zu Gott haben? Vielleicht ist er nicht so körperlich wie damals bei Abraham. Aber Gottes Reden und Handeln in unserem Leben bekommen wir doch auch mit. Vielleicht nicht immer in der Sekunde, wo es geschieht, aber zumindest im Rückblick auf Geschehnisse in unserem Leben erkennen wir ihn.
Von einem guten Freund weiß ich, dass er sich sicher ist, zwar nicht Gott, aber zumindest einem Engel Gottes gegenübergestanden zu haben. Von einem anderen weiß ich, das Gott im Traum zu ihm gesprochen hat. Gott hat bei diesen beiden seine Pläne offenbar gemacht. Und auch ich habe erlebt, dass Gott nahe ist und spricht. Nicht so spektakulär, nicht von Angesicht zu Angesicht, eher leise und schwer verstehbar, aber ich bin mir dessen sicher.
Ich will ermutigen im eigenen Leben nach Begegnungen mit Gott zu suchen. Wenn ich im Rückblick Situationen in meinem Leben als Gottesbegegnung verstehe und erkenne, dann darf ich gewiß sein, das auch heute und in Zukunft solch eine Begegnung mit Gott in meinem Leben möglich ist. So wie Abraham für uns einer der Glaubensväter ist, einer, der uns zeigt, wie es sich mit Gott lebt, so werden wir für künftige Generationen Glaubensväter und -mütter sein. Eben weil wir um Gottes Pläne wissen, eben weil er mit uns redet.

Wenn wir unsere Gottesbegegnungen mitteilen, dann wird das Auswirkungen auf Heckinghausen haben.

2. Wir verlassen uns nicht auf Gerüchte

Auch wir sollten nachahmen, was Gott uns hier vormacht. Wenn wir in diesem Stadtteil leben, wenn wir die Menschen vor Ort erreichen wollen, dann darf uns nicht egal sein, wie sie leben. Dann müssen wir rausgehen und schauen, wie sie leben. Wir müssen ihre Lebensweise ernst nehmen, genau hinsehen, was sie benötigen und dann entsprechend handeln.
Weil viele ältere Menschen in Heckinghausen leben, weil unsere Gemeindeschwestern ihre Ohren am Puls dieser Generation haben, ist unter anderem das Haus für Heckinghausen enstanden.
Weil es in Heckinghausen keinen Kinderchor mehr gab, aber immer noch Interesse am Singen bestand, hat sich der Kinderchor Cantemus im CVJM gegründet. Und als dann freitags die Kinder immer länger Unterricht hatten und zwischen Schule und Chor kaum noch Zeit zu Hause verbringen konnten, gab es eben nicht nur die Chorprobe, sondern auch Mittagessen und Hausaufgabenhilfe dazu.

Wir dürfen uns sicher sein: das Einlassen auf die Menschen vor Ort wird Spuren hinterlassen.
Noch heute treffe ich manchmal Leute, die früher mal in der Teestube gewesen oder auf Jugendfreizeiten mitgefahren sind. Und ganz oft kommt dann im Gespräch heraus, da sie sich gerne an die Zeit in der Gemeinde, im CVJM, erinnern. Nun mag man unken: gerne erinnern heißt noch lange nicht, mit Gott zu leben. Aber wer weiß zum einen, was sich aus dem Erinnern entwickelt. Und zum anderen, wer darf beurteilen, was mit Gott leben heißt.

3. Wir dürfen Gott zwingen

Zwingen ist so ein altertümliches Wort. Und es umfasst auch nicht alles, was Abraham macht, als er sich Gott in den Weg stellt.
Zwingen ist unter anderem auch sich aufraffen, sich durchkämpfen, sich durchringen, seinem Herzen einen Stoß geben, über seinen Schatten springen, sich überwinden; sich [innerlich] einen Ruck geben.

Eine Ausgestaltung davon ist das Gebet.
Gemeindeglieder beten.
Regelmäßig. An den unterschiedlichsten Plätzen, mit den unterschiedlichsten Worten. Und außer Lob und Dank geht es dabei auch um Bitten.
Da findet eine Jugendfreizeit in unserer Gemeinde statt und Gemeindeglieder beten für das Gelingen der Freizeit, für die Bewahrung vor Gefahren und dafür, dass Jugendliche sich zu Gott bekennen.
Jeden Mittwoch treffen sich Gemeindeglieder zum Gebetskreis. Sie bringen viele Dinge aus unserer Gemeinde vor Gott. Und nicht nur Dinge, sondern vor allen Menschen aus unserem Heckinghausen. Menschen, die in ihrer gegenwärtigen Lebenssituation Hilfe oder Zuspruch benötigen. Oder Menschen, die am Herzen liegen und Gott genannt werden sollen.
Und mit jeder Bitte wollen wir doch Gott auffordern, in unserem Sinne zu handeln. Ganz oft eben nicht für uns, sondern für andere.

Abraham konnte sich Gott körperlich in den Weg zu stellen, um für die Menschen zu bitten, um sie zu ringen. Wir dürfen das heute mit Worten. Mit Gott reden. Wenn wir unsere Erfahrungen mit Gott betrachten, wenn wir erlebt haben, wie er unser Leben zum Guten verändert hat, dann können wir doch nicht anders als ihn darum zu bitten, das er das auch andere Menschen erleben lässt. Wir brauchen keine Angst haben, das er uns auslacht, keine Angst, dass er uns aus dem Weg geht. Schon in Psalm 50,15 fordert er uns auf „Rufe mich an in der Not“. Gott selbst fordert uns auf für unsere Mitmenschen einzutreten.

Und in Lukas 18, 1-8 erzählt uns Jesus das Gleichnis von der bittenden Witwe: 1 Er sagte ihnen aber ein Gleichnis darüber, dass sie allezeit beten und nicht nachlassen sollten, 2 und sprach: Es war ein Richter in einer Stadt, der fürchtete sich nicht vor Gott und scheute sich vor keinem Menschen.
3 Es war aber eine Witwe in derselben Stadt, die kam zu ihm und sprach: Schaffe mir Recht gegen meinen Widersacher! 4 Und er wollte lange nicht. Danach aber dachte er bei sich selbst: Wenn ich mich schon vor Gott nicht fürchte noch vor keinem Menschen scheue, 5 will ich doch dieser Witwe, weil sie mir so viel Mühe macht, Recht schaffen, damit sie nicht zuletzt komme und mir ins Gesicht schlage. 6 Da sprach der Herr: Hört, was der ungerechte Richter sagt! 7 Sollte Gott nicht auch Recht schaffen seinen Auserwählten, die zu ihm Tag und Nacht rufen, und sollte er's bei ihnen lange hinziehen? 8 Ich sage euch: Er wird ihnen Recht schaffen in Kürze. Doch wenn der Menschensohn kommen wird, meinst du, er werde Glauben finden auf Erden?
Margot Käßmann hat dazu letztes Jahr auf dem Kirchentag gesagt: (www.ekd.de/kultur/vortraege/20130502_kaessmann_dekt_bibelarbeit.html) Gott, lass Recht werden! …Recht und Gerechtigkeit, die Lebensräume für Menschen öffnen, das brauchen wir, das erhoffen wir, dafür beten und handeln wir. Lukas will die Hörenden und Lesenden bestärken: Lasst euch nicht entmutigen, macht weiter, nervt, wenn es notwendig ist. Ja, nervt vielleicht sogar Gott durch euer ununterbrochenes Gebet.“

Für Heckinghausen sollten wir dem nacheifern.

4. Wir richten nicht

Hat unser Stadtteil es verdient, dass wir uns so für ihn einsetzen? Haben die Menschen in Heckinghausen es verdient? Auf jeden Fall!

Es geht hier nämlich überhaupt nicht um Verdienst. Gerecht oder gottlos? Schon in Psalm 1 wird zwar davon gesprochen, dass es nicht gut ist im Rat des Gottlosen zu wandeln, aber wie das Wandeln aussehen soll, da steht nichts von drin. Abraham geht im Predigttext ja auch nicht her und beurteilt, ob Sodom und Gomorra gottlos sind. Er geht wohl davon aus, dass es dort Gottlose gibt, aber er ringt mit Gott um der Gerechten willen. Selbst wenn es wenige sein sollten.

Aber ganz ehrlich. Ich ertappe mich doch immer wieder dabei, dass ich denke: ich weiß was richtig ist und… - Moment, das ist ja das Problem: was in meinen Augen richtig ist, ist ja nicht unbedingt gerecht. Richtig und gerecht sind zwei unterschiedliche Dinge. Gott hat eine ganz andere Vorstellung von gottlos und gerecht.
„Denn wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die Vielen zu Sündern geworden sind, so werden auch durch den Gehorsam des Einen die Vielen zu Gerechten“ so steht es in Röm 5, 19. Der eine Gerechte ist für die vielen Gottlosen gestorben. Er ist für sie ans Kreuz genagelt worden. Der Eine ist Jesus Christus. Und die Vielen sind wir. Weil eben Jesus für unser Unrecht, unsere Sünden am Kreuz gestorben ist, sind wir gerecht geworden. Jesus Christus hat unser gottloses Leben beendet und uns die Chance auf einen Neuanfang geschenkt. Ginge es nach menschlichem Ermessen hätten wir Menschen es nicht verdient auf die gerechte Seite zu wechseln. Weil es aber nach Gottes Gerechtigkeit geht wird uns der Wechsel ermöglicht. Und wenn uns in der Gemeinde das schon ermöglicht wird, um wie viel mehr muss es dann den Menschen in Heckinghausen ermöglicht werden. Das ist nämlich Gottes Gnade.
Damit das möglich wird stehen wir in der Verantwortung. Eben weil wir um Gottes Pläne wissen, müssen wir nicht über die Menschen richten. Aber wir müssen für sie eintreten.

Wir reden von unseren Erfahrungen mit Gott in Heckinghausen
Wir reden mit den Menschen in Heckinghausen
Wir reden mit Gott über Heckinghausen

Wie Ulrike Oetken formuliert (www.pfarrerverband.de/pfarrerblatt/archiv.php?a=show&id=2423): „Es braucht Menschen, die nicht von vorneherein wissen, wo die Grenze zwischen Gut und Böse verläuft, die nach Hintergründen und Ursachen fragen. Und es braucht Menschen, die in Kontakt mit Gott stehen, die seine Gnade herabflehen und an seine Gerechtigkeit appellieren. Menschen, die den Glauben lebendig halten, dass einer gereicht hat, um alle zu retten, und niemand das Recht hat, einen anderen vor Gott schuldig zu sprechen. Und vielleicht fallen sie damit ins Gewicht, so dass Gott über sie sagen kann: um ihretwillen.“

Amen